..… ist Nahrung für streitbar religiöses wie auch ideologisches Eiferertum.
Würde sich daran etwas mit symmetrischerem Regieren ändern?
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Bernhard Mosler
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Politisch relevante Sachverhalte lassen sich nur sehr begrenzt erforschen. Denn die Geschichte eines Menschen, einer definierten Gruppe von Menschen, eines Staates, einer Mehrzahl von Staaten ist einzigartig und Teil eines Systems, das durchlässig gegenüber vielfältigen Einflüssen ist. Was weshalb in der Entwicklung einer Gesellschaft von Menschen geschieht, kann in keinem Labor zum Beweis wiederholt vorgeführt werden; folgt entweder keiner immer wiederkehrenden Gesetzmäßigkeit; oder die Gesetzmäßigkeit zu verstehen erfordert einen Überblick jenseits menschlichen Begreifens.
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Ein Ausweg für Wissenschaffende, in dieser Unübersichtlichkeit und Unberechenbarkeit doch ein bisschen mehr über politisch relevante Sachverhalte herauszufinden, ist das Arbeiten mit willkürlich eingeschränkten Prämissen. Daraus können Betrachtungen über nahezu unerschöpflich viele theoretisch definierte Gegenstände in beliebig wandelbaren Terminologien entstehen. Doch an je mehr eingeschränkte Voraussetzungen und Bedingungen die Einsichten geknüpft sind, tendenziell umso weniger passen diese zu einer aktuellen Befindlichkeit, in der zentralregierende und andere Personen politisch relevante Entscheidungen zu treffen haben. Tendenziell umso mehr neigen damit befasste Forschende dahin, sich in „Schulen“ aufzuteilen, die jeweils bestimmte Auswahlen von Prämissen gelten lassen und andere ablehnen. Tendenziell umso mehr bringt sie dies in kontroverse, miteinander unvereinbare Positionen ohne Auflösung der Widersprüche, weil sich keine Seite mit empirischen Belegen durchzusetzen vermag. Tendenziell umso eher wandelt sich ihre Forschung in einen Konfessionskampf, dessen Wissenschaftlichkeit immer anzweifelbarer wird. Tendenziell umso eher erwecken die Resultate den Verdacht von Pseudowissenschaft.
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Je weniger ein politisch relevanter Sachverhalt als Entität wissenschaftlich erforscht ist, umso weniger zur Anwendung brauchbare wissenschaftliche Befunde können in eine politische Entscheidung einfließen. Tendenziell umso weniger fühlen sich von einer bestimmten Religion oder streitbaren Ideologie geprägte zentralregierende Personen daran gebunden zu prüfen, ob ihre Anschauungen und ihr davon geleitetes Verhalten mit den jeweiligen tatsächlichen Gegebenheiten vereinbar sind. Umso eher lassen sich mit einem streitbar religiösen oder ideologischen Antrieb und dem „Primat der Politik“ wissenschaftlich begründete Einwände, bestimmte Entscheidungen seien in der gegebenen Lage schlecht oder garnicht dazu geeignet, beabsichtigte Ziele zu erreichen, beiseite schieben, weil die gedanklichen Prämissen der von Forschenden vorgetragenen Einwände nicht genau auf die gegebene Lage zutreffen. Tendenziell umso weniger (und noch dazu erleichtert durch die naturgegeben menschliche Neigung zu selektiver Wahrnehmung) akzeptieren streitbar religiös oder ideologisch sich Ereifernde sogar Einwände, die sich auf offensichtliche Gegebenheiten stützen, mit denen Menschen in ihren Alltagen konfrontiert sind. Tendenziell umso eher finden über politisch Relevantes Entscheidende aber auch zur Unterstützung für das, was sie durchsetzen möchten, Wissenschaffende, die mit genau den passend selektierten gedanklichen Prämissen die Richtigkeit des Beabsichtigten wie auch einer dazu konträren Forderung theoretisch belegen. Umso eher können zentralregierende Personen im Namen und in Interpretation ihrer Religion oder Ideologie Entscheidungen treffen, mit denen sich nur Anhänger dieser Religion oder Ideologie identifizieren. Tendenziell umso eher schwächt die Bevorzugung dieser Teilgruppe beziehungsweise die Vernachlässigung anderer Bevölkerungskreise Gefühle der Zusammengehörigkeit, die Verwirklichung von Projekten übereinstimmenden Interesses und damit den Staat.
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Die Nutzung des digitalen Informationsnetzes zweiter Struktur würde die persönliche Kompetenz von Menschen zum Umgang mit komplexen Gegebenheiten, soweit für ihre jeweiligen Anliegen relevant, tendenziell erhöhen.
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Je mehr Staatszugehörige an Ergebnissen aus Recherchen im Netz zweiter Struktur ihr Verhalten ausrichteten und je konsequenter sie dies täten, tendenziell umso gleichgerichteter verhielten sie sich in allem, worin sie im Hinblick auf ihre persönlichen Existenzsicherungen in der Bekämpfung schwelender Gefahren, der Eindämmung möglicher künftiger Risiken wie auch des Bewahrens- und Fördernswerten übereinstimmten. Tendenziell mit umso größerer Wahrscheinlichkeit brächten sie ein Gesamtresultat zustande, das der Erfüllung persönlicher Anliegen der meisten von ihnen am nächstmöglichen kommt. Tendenziell umso weniger von Staatszugehörigen beeinflussbares politisch Relevantes im Staat würde geschehen, das auf Basis theoretisch eingeschränkter Prämissen entschieden worden ist und aufgrund der Lücken zwischen theoretischen Annahmen und komplexeren Gegebenheiten gesetzte Ziele verfehlt. Tendenziell umso eher weniger existenziell Relevantes, das Handlungsbedarf im Sinne besonderer persönlicher Anliegen erfordert, würde der Aufmerksamkeit entgehen.
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All dies könnte an die digitale Welt angeschlossene Menschen dazu bewegen, sich auf symmetrischeres Regieren einzulassen, so beim Vorbereiten von Entscheidungen für bestimmtes politisch relevantes Verhalten mehr an gegebenen Befindlichkeiten zu orientieren als von streitbar religiöser oder ideologischer Besessenheit leiten zu lassen.
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Digitale Reduktion individueller Persönlichkeit