Bernhard Mosler
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Marie von Ebner-Eschenbach:
„Wer nichts weiß, muss alles glauben.“
Marie von Ebner-Eschenbach: Schriften; Band 1; Aphorismen; Berlin: Pätel 1893; S. 21
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Je mehr Informationen, Meinungen und einstweilen geltende Erkenntnisse disziplinärwissenschaftlich über Details und Zusammenhänge unserer Welt entstehen, tendenziell umso weniger davon können einzelne Wissenschaffende noch beherrschen. Tendenziell umso mehr zweigt Wissenschaft in immer mehr tendenziell immer engere Fachbereiche auseinander, damit die Einzelnen ihren jeweiligen Kompetenzrahmen noch einigermaßen ausfüllen können.
Daran orientieren sich auch geregelte Ausbildungen zu wissenschaftsbasiert anwendungstechnischen Experten.
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Je enger die wissenschaftlichen Fachbereiche werden, tendenziell umso enger werden auch die fachlichen Kompetenzen, die dem einzelnen Ausgebildeten zugebilligt werden. Jeder kann Kritik von Kompetenzfremden an seiner Arbeit entgegenhalten, die kritisierende Person verstünde nicht genug vom Gegenstand. So kann die angegriffene Person umso öfter erfolgreich argumentieren, je weiter wissenschaftliche Kompetenzbereiche auseinanderzweigen.
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Tendenziell umso schwieriger wird die Prüfung, ob eine besondere Aussage aus einem bestimmten Fachbereich zutrifft. Tendenziell umso öfter sieht sich der einzelne wissenschaftsbasierte Experte nicht dazu in der Lage zu beurteilen, inwieweit eine bestimmte fachfremde wissenschaftliche Aussage zutrifft, inwieweit einen Irrtum oder Betrug darstellt.
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Tendenziell umso weniger können die vielen einzelnen Menschen, die stets auf fast allen Gebieten Laien sind, im eigenen Kopf beurteilen, was von einer bestimmten Äußerung aus einem wissenschaftlichen Fachbereich oder von wissenschaftsbasiert anwendungstechnischen Experten zu halten ist. Umso eher kann für den einzelnen Laien die besondere Aussage oder das Gegenteil davon zutreffen. Tendenziell umso leichter haben es Politiker und andere Personen mit besonderen Partikularinteressen, in der Öffentlichkeit Zustimmung für eine Meinung zu finden, die Darstellungen aus wissenschaftlichen Fachbereichen widerspricht.
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Je komplexer Gegebenheiten für Menschen werden, tendenziell umso mehr Nachrichten werden öffentlich, die der Einzelne selbst nicht überprüfen kann. Tendenziell umso empfänglicher ist der Einzelne für publizierte Zweifel an einer bestimmten Nachricht.
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Bei Verfügung über das digitale Informationsnetz zweiter Struktur könnte der Einzelne tendenziell leichter danach recherchieren, ob und gegebenenfalls inwiefern eine bestimmte publizierte Meldung für ihn persönlich relevant ist. Träfe ein Recherchierender seine Auswahl von Informationen nach ihrer Relevanz für sich persönlich und in besonderer Hinsicht, widmete er in dem Zusammenhang nur noch diesen Informationen seine Aufmerksamkeit. Ob die aussortierten, für ihn irrelevanten Informationen Gegebenheiten entsprechen oder Fake News darstellen, wäre ihm gleichgültig. In alldem ließe er sich eher nicht von einem durch Fake News beflügelten Herdentrieb mitreißen.
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Je nachdem, für wie wichtig er die einzelnen als relevant ausgewählten Informationen für sich einschätzte, könnte er festlegen, in welcher Rangfolge er sich mit den Informationen beschäftigen möchte. Daraufhin könnte er der gewählten Rangfolge nach die Verlässlichkeit bestimmter Informationen zu prüfen versuchen. Dazu böte sich zum Beispiel das Recherchieren in einer Suchmaschine wie Google oder in Informationsnetzen erster Struktur an.
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Brächte ihm dies kein zufriedenstellend zweifelsfreies Ergebnis, könnte er noch im Informationsnetz zweiter Struktur nach übereinstimmenden Merkmalen einer bestimmten Information mit anderen Körpern fragen und mit etwas Glück in der Gegenüberstellung mit daraufhin angezeigten Körpern zu einer ihm überzeugend erscheinenden Bewertung der Information gelangen.
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