publikationen von Bernhard Mosler

diskurs & Progress

Persönliches Sicherheitsgefühl aus Religiosität schöpfen

Bernhard Mosler

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Privates Religiössein,  das Bekenntnis zu einer legendenhaft überlieferten Religion,  das Hinzuerfinden von Inhalten im Namen einer legendenhaft überlieferten Religion wie auch das Bekenntnis zu einer ganz neu erfundenen Religion ist Ausdruck des Bedürfnisses nach Sicherheit in der Selbstbehauptung von Menschen im Leben und im Denken daran,  was danach auf den Einzelnen zukommt.

Einer Übermacht ausgesetzt,  die über das Gelingen einer Episode oder sein Schicksal entscheidet,  kann es einem religiös eingestellten Menschen hilfreich erscheinen,  sein passives Akzeptierenmüssen erträglicher machen,  indem er zu einem abstrakt Höhermächtigen oder Allmächtigen über dem ganzen Universum hin denkt und um einen für sich günstigen Ausgang von Geschehendem bittet.

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Selbstsicherheit aus Religiosität und wissenschaftlichen Einsichten

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Je weniger Menschenwelt wissenschaftlich erforscht war,  je allgegenwärtiger Todesgefahren und das Gefasstseinmüssen auf das dem Tod Folgende,  einen tendenziell umso größeren Teil ihrer Selbstsicherheit bezogen Menschen aus privater Religiosität oder dem Bekenntnis zu einer Religion in einer Gruppe.

Je mehr wissenschaftliche,  für menschliche Existenz relevante Einsichten bekannt wurden und werden,  tendenziell umso mehr vermochten und vermögen Menschen in ihrem Sinne zu beherrschen.  Tendenziell umso mehr Menschen erreichen höhere Lebensalter und können das Denken an den Tod länger von sich fernhalten.  In tendenziell umso weniger Befindlichkeiten fühlen sie sich ohnmächtig.  Tendenziell umso seltener wenden sich Menschen zu einem gedachten Höhermächtigen oder Allmächtigen mit der Bitte um einen im Sinne besonderer Anliegen günstigen Verlauf von Geschehendem.

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Konflikte zwischen Gläubigen verschiedener Religionen mit Anspruch auf Alleingeltung

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Je mehr religiös Gläubige bestimmte Inhalte ihrer Religion verinnerlichen,  tendenziell umso überzeugter sind sie davon,  dass ihre Religion die einzig wahre ist.

Treffen Gläubige unterschiedlicher Religionen mit unterschiedlichen Inhalten aufeinander,  die alle meinen,  ihre Religion sei die einzig wahre,  andere Religionen seien minderwertig oder verwerflich,  und je unerträglicher,  weil verunsichernder Gläubigen einer Religion die Existenz Andersgläubiger erscheint,  tendenziell umso eher bekämpfen sie sich gegenseitig im Namen ihrer jeweiligen Religion.  Tendenziell umso leichter lassen sich Volksgruppen unterschiedlicher Religionszugehörigkeit von Politikern mit ganz anderen eigenen Interessen irreführend im Namen einer Religion zu Kriegen gegeneinander anstacheln.

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Allerdings je weniger Menschen über alle bewohnbaren Erdteile verstreut gelebt haben,  je weniger beweglich und zu Fernkontakten fähig sie gewesen sind,  tendenziell umso weniger Menschen verschiedener religiöser Bekenntnisse sind miteinander konfrontiert gewesen.  Umso weniger religiös Gläubige haben sich einander deswegen bekämpft,  weil alle meinten,  das einzig Wahre zu glauben und Andersgläubige nicht   respektieren wollten.  Tendenziell umso weniger Schaden haben Menschen insgesamt in solchen Konflikten erlitten.

.Hingegen je mehr Menschen gleichzeitig auf der Erde leben und einander begegnen,  je mehr sie einander beeinflussen und je abhängiger sie voneinander sind,  tendenziell umso öfter treffen auch Gläubige verschiedener religiöser Bekenntnisse aufeinander.  Tendenziell umso eher können unterschiedliche religiöse Bekenntnisse Konflikte zwischen Menschen auslösen.  Tendenziell umso mehr Menschen werden zu Opfern solcher Auseinandersetzungen.

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Eher keine Selbstsicherheit aus Religiosität durch Hass auf Andersgläubige

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Je komplexer Daseinsbedingungen von Menschen weltweit werden,  je mehr Menschen einander Staatsgrenzen überschreitend beeinflussen,  existenziell voneinander abhängig werden,  tendenziell umso wahrscheinlicher können keine Anhänger einer bestimmten Religion die ihnen verhassten Gläubigen einer anderen Religion loswerden,  ohne sich im Ergebnis selbst zu schaden,  ohne die eigene Existenz unsicherer zu machen.  Tendenziell umso mehr Gläubige verschiedener Konfessionen verfehlen mit ihrem Kampf um regionale oder weltweite Alleingeltung der eigenen Religion das Ziel,  aus ihrem besonderen Glaubensbekenntnis Sicherheit zur Selbstbehauptung schöpfen zu können.  Für tendenziell umso mehr religiös Gläubige verkehrt sich der Wunsch,  aus ihrer Religiosität Selbstsicherheit zu schöpfen,  ins Gegenteil.

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Prüfung von religiösen Inhalten auf Vereinbarkeit mit persönlichen Anliegen

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Je komplexer Daseinsbedingungen von Menschen sind,  tendenziell umso unterschiedlicher können die Kombinationen von Einflüssen sein,  denen die Einzelnen ausgesetzt sind,  tendenziell umso unterschiedlicher ihre wechselseitigen Abhängigkeiten,  auch wenn sie nur Gehstrecken voneinander entfernt leben.  Tendenziell umso mehr können sich Menschen darin unterscheiden,  aus was und wie sie Sicherheit zu ihrer Selbstbehauptung schöpfen.  Tendenziell umso wichtiger ist es für diejenigen,  die möglichst viel Selbstsicherheit aus Religiosität erlangen möchten,  deren Inhalte daraufhin zu prüfen,  ob und inwieweit diese ihrer individuellen Selbstsicherheit eher förderlich,  eher schädlich oder belanglos sind oder wären.

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Stünde religiös Gläubigen das digitale Informationsnetz zweiter Struktur für Recherchen zur Verfügung,  könnten sie in dem Informationsnetz möglichst viele Merkmale ihres besonderen religiösen Bekenntnisses als Körper 1  möglichst vielen Merkmalen eines anderen religiösen Bekenntnisses als Körper 2  gegenüberstellen.

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Dann könnte eine recherchierende Person,  soweit es der aktuell digital verfügbare Kenntnisstand zulässt,  in dem Informationsnetz ermitteln,  welches Verhaltenspotenzial Gläubige der beiden Religionen zueinander haben.  Die Person könnte in dem Netz nach übereinstimmenden Merkmalen der verschiedenen religiösen Bekenntnisse (Körper 1 und Körper 2)  fragen.  Daraufhin zeigte das Informationsnetz eine Liste mit übereinstimmenden,  digital darstellbaren Merkmalen.  So ließen sich auch die digital darstellbaren Merkmale anzeigen,  in denen sich die beiden religiösen Bekenntnisse voneinander unterschieden.

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Die recherchierende Person könnte erkunden,  inwieweit sie mit ihrem eigenen religiösen Bekenntnis und eine Person eines anderen religiösen Bekenntnisses einander in ihren besonderen Anliegen voraussichtlich unterstützen,  inwieweit sie miteinander in Konflikt geraten und sich selbst schaden,  die eigene Selbstsicherheit schwächen könnten.  Die Recherchierende könnte nun im Rahmen des aktuell digital verfügbaren Kenntnisstandes herausfinden,  wie sich das Weglassen bestimmter Merkmale des eigenen religiösen Glaubens,  in denen sie sich von Gläubigen der anderen Religion unterscheidet,  voraussichtlich eher zugunsten oder eher zum Nachteil eigener Anliegen auswirken würde.  Stellte sie fest, dass das Entfernen oder Korrigieren eines bestimmten Merkmals des eigenen religiösen Bekenntnisses zu einem voraussichtlich eher günstigeren Ergebnis im Sinne eigener Anliegen beitragen und damit per saldo mehr Sicherheit in der Selbstbehauptung ermöglichte,  läge es ihr nahe,  ihr religiöses Bekenntnis entsprechend zu ändern.

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Sicherheitsgefühl erhöhende religiöse Inhalte sind am wertvollsten

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Für religiös Gläubige,  die ihre Inhalte daran messen und auswählen,  was wahrscheinlich am meisten zu ihrem Sicherheitsgefühl im Leben und im Denken daran beiträgt,  was danach auf sie zukommt,  läge es nahe,  Inhalte ihrer jeweiligen Religion auf deren Vereinbarkeit mit Inhalten anderer religiöser Bekenntnisse hin zu prüfen,  kompatible Inhalte zu bevorzugen,  konfliktträchtige Inhalte religiöser Bekenntnisse auszusortieren.  Je besser ihnen dies gelänge,  tendenziell umso weniger eigneten sich religiöse Bekenntnisse dazu,  in ihren Namen Völker zu politischen Konflikten bis hin zu heißen Kriegen anzustacheln.

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Jeder ist letztendlich mit seiner Religiosität allein

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Keine in Gemeinschaft praktizierte Religiosität erspart es dem Einzelnen,  sich ganz allein dem zu stellen,  was nach seinem Tod mit ihm geschieht.  Dessen individuell subjektives Erfahren wird immer wissenschaftlicher Einsicht entzogen bleiben.  Wer sich darauf seiner selbst möglichst sicher gefasst machen möchte,  kommt niemals ganz ohne Religiosität aus.

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Weniger Gefühle diffuser Angst?