publikationen von Bernhard Mosler

diskurs & Progress

Öffentliche Sicherheit …

..

bei geringstmöglichem Verzicht auf individuelle Freiheit – Wie geht das?

..

Bernhard Mosler

.

.

.

Inga Rogg:

.

„Lange Zeit hatten reguläre Streitkräfte das Monopol auf Drohnen.  Das hat sich in den letzten Jahren jedoch radikal geändert.  Inzwischen gehört die Waffe auch zum Arsenal von Aufständischen und Extremisten aller Couleur.  Sowohl die palästinensische Hamas wie der libanesische Hizbullah besitzen sie,  aber auch die Rebellen und Extremisten in Syrien und im Irak oder die Drogenkartelle in Südamerika .  In den meisten Fällen verwenden die nichtstaatlichen Akteure Drohnen,  die für zivile Zwecke hergestellt werden und die sie mit Sprengsätzen zu Minibomben umbauen.“

.

Inga Rogg:  „Drohnen – die neue Allzweckwaffe von Aufständischen und Extremisten“ –

Neue Zürcher Zeitung  „NZZ Digital“ ;    5.8.2019

.

.

Angenommen,  nicht nur immer mehr Regierungen von Staaten,  sondern auch nichtstaatliche Gruppen – Rebellen, Terroristen,  von religiösen,  geschäftlichen und anderen Interessen geleitete Akteure – verfügen über Fähigkeiten,  in einem begrenzten Radius oder weltweit nach Gutdünken ihnen gefährlich oder nicht genehm erscheinende Menschen mit Drohnen oder sonstwie umbringen zu können.  Sie beanspruchen dies für sich und machen davon Gebrauch,  ohne dass dies jeweils durch ein rechtsstaatliches Ermittlungsverfahren mit dem Beweis einer Straftat und ein Urteil einer unabhängigen Justiz gerechtfertigt wird.  Je häufiger und an je mehr Orten so getötet wird, umso eher nimmt die Zahl der Menschen weltweit zu,  die sich davon bedroht fühlen.  Umso bedeutsamer ist es,  öffentliche Sicherheit nicht bloß in den Grenzen eines Staates,  sondern übernational herzustellen.

.

In umso mehr Hinsichten können sich Menschen bedroht fühlen,  je breiter das Angebot technischen Gerätes zur Zerstörung wird und je mehr für Menschen Relevantes damit zerstört werden kann.

.

.

Je leichter zugänglich die Waffen sind,  tendenziell umso mehr Zerstörungswillige können davon Gebrauch machen.  Umso berechtigter sind Befürchtungen,  dass Zerstörungswillige dies tatsächlich tun.  Eine umso größere Bedrohung über Staatsgrenzen hinweg geht davon aus,  je komplexer die Gegebenheiten für Menschen weltweit sind.

.

Je mehr Menschen zur Zerstörung in der Lage sind,  tendenziell umso weniger sind die Zentralregierung eines Staates und ihr nachfolgende Behörden dazu imstande,  alle Stellen,  an denen sich Gefährder befinden könnten,  aufmerksam genug zu bewachen und ausreichende Kapazitäten zur präventiven Vereitelung von zerstörerischen Taten bereitzuhalten.

.

Über je mehr die öffentliche Sicherheit beschädigende Anschläge in Medien berichtet wird,  über je weniger Informationen zu ihrem persönlichen Bedrohtsein die einzelnen Menschen verfügen und je weniger sie die Komplexität ihrer persönlichen Befindlichkeit durchschauen,  tendenziell umso eher fühlen sie sich bedrohter als tatsächlich gefährdet.  Tendenziell umso ohnmächtiger fühlen sich die vielen Einzelnen,  selbst etwas für ihren persönlichen Schutz zu tun.

.

Je weniger die öffentliche Sicherheit von der Zentralregierung eines Staates und seiner Behörden aufrechterhalten wird,  je unsicherer sich die Staatszugehörigen fühlen,  tendenziell umso bereiter werden diese,  beschränkt auf den Zugang zu digitalen Recherchen in Informationsnetzen erster Struktur,  weitestreichende Überwachung durch die Zentralregierung und Behörden zu akzeptieren. Tendenziell umso mehr Macht erlangen einige wenige Überwachende gegenüber der übrigen Bevölkerung.  Tendenziell umso eher neigen die Mächtigen dahin,  Informationen aus der Überwachung zu nutzen,  um bestimmte Personen und Gruppen zu begünstigen,  andere zu diskriminieren und zu unterdrücken.

.

.

 

 

1

In der Terminologie des Gedankenmodells aus   Das Einzigartige weg vom Einen (2006)   ausgedrückt gilt:    Je mehr man öffentliche Sicherheit von zentralen Stellen im Staat aus durch viel Überwachung,  Zwang der Millionen Staatszugehörigen zu bestimmtem Verhalten,  Einschränkungen individueller Rechte,  harte Strafen,  Verbreitung von Angst und Schrecken zu erreichen versucht,  tendenziell umso mehr hindert eine solche Politik die vielen Einzelnen daran,  möglichst viel Ablauf im Sinne ihrer jeweiligen Anliegen zu erlangen,  tendenziell umso mehr Vorstellung baut sich in den vielen Staatszugehörigen auf,  deren Überwindung durch Auflösung der bisherigen Art als Staat zusammen zu leben,  sich zunehmend aufdrängt. Tendenziell umso gefährdeter ist die öffentliche Sicherheit im Staatsgebiet.  Tendenziell umso wahrscheinlicher nähert sich die bisherige Art des Zusammenlebens als Staat der Unregierbarkeit.

.

Um das Menschenmögliche zu tun,  einer solchen Entwicklung zu entgehen,  müssten die vielen einzelnen Staatszugehörigen eine größere persönliche Befähigung erlangen,  von ihren jeweiligen individuellen Befindlichkeiten aus zu ermitteln,  welche Gefahren sie füreinander darstellen,  welche Gefahren ihnen vom Ausland drohen,  sodass die Aufmerksamkeit für Gefährdungen öffentlicher Sicherheit so lückenlos wie möglich unter möglichst vielen Menschen aufgeteilt würde.  Soweit sich aus ihren Recherchen persönliches Gefährdetsein ergibt, müssten sie auch besser befähigt werden herauszufinden,  ob und gegebenenfalls was sie selbst dazu beitragen könnten,  ihr Gefährdetsein zu verringern.

Dieses Recherchieren erleichtern könnte den Einzelnen der Zugang zum digitalen Informationsnetz zweiter Struktur.

.

Die Macht über die vielen,  für die öffentliche Sicherheit relevanten Informationen wäre auf Millionen Menschen aufgeteilt.  Jeder könnte sich im Rahmen des aktuell allgemein verfügbaren digitalen Kenntnisstandes die Informationen beschaffen,  die für seine persönliche öffentliche Sicherheit maßgeblich sind.  Aufgrund der Abweichungen in ihren einzigartigen persönlichen Befindlichkeiten empfingen verschiedene Menschen teilweise unterschiedliche Auskünfte über ihr öffentliches Gefährdet- beziehungsweise Sichersein.  Die Informationen von der einzigartigen Perspektive der betroffenen,  ihrer Sinne mächtigen Person aus zu bewerten,  wäre diese selbst vollständiger als irgendwer sonst in der Lage.

.

Kein anderer als die betroffene Person selbst könnte nach digitalen Recherchen,  in denen für ihre persönliche Befindlichkeit ein möglichst passgenauer Handlungsbedarf angezeigt wird,  in besonderer Hinsicht so stark motiviert sein,  auf mehr für sie relevante öffentliche Sicherheit hinzuwirken,  konkrete Maßnahmen dazu von der Zentralregierung einzufordern.

Auch kein anderer als die Betroffene selbst könnte dieser so überzeugend vermitteln,  dass ihre persönliche Sicherheit momentan soweit menschenmöglich gewährleistet ist,  dass sie diesbezüglich keinen besonderen Grund zur Besorgnis hat,  wie wenn sie mit eigenen Recherchen im Netz zweiter Struktur zu dieser Beurteilung gelangt.

.

Die Perspektive,  aus der heraus ein Einzelner digitale Informationen über seine öffentliche Sicherheit recherchierte,  würde sich in ihrer Subjektivität davon unterscheiden,  wie zentralregierende Personen Informationen zur öffentlichen Sicherheit für alle Staatszugehörigen ermitteln und sammeln.  Doch würden sich die vielen Einzelnen in ihren Köpfen addiert ein umfänglicheres und exakteres Gesamtbild der öffentlichen Sicherheit im zu betrachtenden Territorium bewusst machen,  als dies den wenigen zentralregierenden Personen allein möglich wäre.

.

.

2

Mit der Aufmerksamkeit der vielen Einzelnen,  die im Netz zweiter Struktur nach Informationen zu ihrer persönlichen öffentlichen Sicherheit recherchierten,  würden eher seltener diesbezüglich wichtige Informationen unerkannt bleiben,  als wenn sich alle weitgehend auf einige wenige zentral Regierende und in Behörden Tätige verlassen,  aus riesigen Mengen personenbezogenen gespeicherten Informationen und aus lediglich disziplinär befüllten digitalen Informationsnetzen für die öffentliche Sicherheit Relevantes herauszufischen.

.

.

3

Zentralregierende Personen und in Behörden Tätige,  die zur öffentlichen Sicherheit beitragen sollen,  könnten zur Erfüllung ihres besonderen Auftrags im Netz zweiter Struktur nach Informationen über viele Staatszugehörige recherchieren,  aber nicht unbedingt mit den gewonnenen Informationen jenseits des Zweckes,  für öffentliche Sicherheit zu sorgen,  ihre persönliche Macht erweitern.

.

Denn wünschten zentral Regierende von sich aus,  immer mehr persönliche Informationen über Staatszugehörige zu sammeln mit dem Argument,  dadurch die öffentliche Sicherheit zu erhöhen,  wären die Betroffenen mit dem Zugang zum Netz zweiter Struktur eher dazu in der Lage zu prüfen,  ob dies voraussichtlich tatsächlich die öffentliche Sicherheit erhöhen könnte.  Je mehr einzelne Staatszugehörige die Information erhielten,  dass dies eher nicht so ist und wie sie das Ansinnen der zentralen Erfassung von mehr persönlichen Informationen vereiteln könnten,  tendenziell umso eher wehrten sich ausreichend viele,  denen das Ausmaß der Informationssammlung durch zentral Regierende missfällt,  erfolgreich dagegen.  Damit würde sich auch die Gefahr reduzieren,  dass kleine Gruppen mit dem Instrument der Überwachung und der Zweckentfremdung von für die öffentliche Sicherheit gesammelten persönlichen Informationen Teile der Bevölkerung drangsalieren.

.

Je mehr Menschen das Netz zweiter Struktur für Recherchen und zur Vorbereitung von Entscheidungen für bestimmtes Verhalten nutzten,  je mehr symmetrischeres Regieren daraus würde,  tendenziell umso weniger wären zentralregierende Personen und andere dazu in der Lage,  die vielen Einzelnen so total wie technisch möglich zu überwachen und damit fernab der Gewährleistung öffentlicher Sicherheit Macht über die Vielen zu erlangen.  Die vielen Einzelnen wären in der Lage, im Netz zweiter Struktur eine Gefährdung ihrer persönlichen öffentlichen Sicherheit zu ermitteln.  Soweit sie etwas gegen eine solche Gefährdung tun könnten,  wären sie dazu imstande,  dies ebenfalls im Rahmen des aktuell digital verfügbaren Kenntnisstandes herauszufinden.  Dabei könnten sie auch eine mögliche Unterstützung von jenseits der Staatsgrenzen in Betracht ziehen.

.

Je mehr Menschen das Netz zweiter Struktur für sich nutzten und daraus Schlüsse für ihr Verhalten zögen,  die befolgt ihr persönliches Gefährdetsein in der Öffentlichkeit verringerten,  tendenziell umso eher stellten sie addiert eine Säule der Gefahrenabwehr dar,  die zusammen mit den bleibenden Monopolfunktionen von Polizei und Justiz der Zentralregierung ausreichen würde,  öffentliche Sicherheit zu gewährleisten,  ohne den Preis einer Beeinträchtigung individueller Menschenrechte dafür bezahlen zu müssen.

.

.

4

Je leichter und treffsicherer sich die vielen einzelnen an die digitale Welt angeschlossenen Staatszugehörigen,  insbesondere auch die zentralregierenden Personen,  im Netz zweiter Struktur vergewissern könnten, wie öffentlich sicher oder bedroht sie persönlich sind, tendenziell umso weniger Druck würde von Seiten der Bevölkerung auf die Zentralregierung ausgeübt,  durch immer mehr Überwachung und Sammlung persönlicher Daten öffentliche Sicherheit zu erhöhen.

.

Eher seltener würde etwas auf bloßen Verdacht hin,  es könnte die öffentliche Sicherheit gefährden,  vorsichtshalber zerstört und sich im nachhinein herausstellen,  dass das vermeintliche Ungeheuer eigentlich harmlos war,  der Präventivschlag selbst fahrlässig oder anders erklärbar öffentliche Sicherheit verletzt hat.  Eher nicht mehr würde auf den bloßen Verdacht hin,  an einem bestimmten Ort könnten sich vielleicht gefährliche Terroristen aufhalten,  dieser Ort großflächig bombardiert,  im Ergebnis verwüstet,  und rückblickend nichts darauf hindeuten,  dass dort Terroristen gewesen sind.

.

.

.

Kontrollverlust

0 0 votes
Article Rating
0 Comments
Oldest
Newest Most Voted
Inline Feedbacks
View all comments
0
Would love your thoughts, please comment.x