publikationen von Bernhard Mosler

diskurs & Progress

Unsichtbare Hand

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Bernhard Mosler

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Wer sich bewusst irgendwie verhält,  möchte grundsätzlich nach Möglichkeit alles in seinem Kopf mitberücksichtigen,  was für seine Anliegen relevant ist.  Je wichtiger es ihm ist,  etwas Bestimmtes zu erreichen,  je unsicherer er sich hinsichtlich des Ergebnisses fühlt,  je weniger schicksalergeben er eingestellt ist,  mit tendenziell umso mehr Sorgfalt trifft er seine Entscheidung für bestimmtes Verhalten.

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Auf je weniger verschiedene Weisen ein bestimmtes Geschehen beeinflusst werden kann,  tendenziell umso eher ist ein Mensch in der Lage,  alles davon,  was zur Verwirklichung eines besonderen Ziels relevant ist,  in seinem Kopf zu erfassen und in seiner Entscheidung für bestimmtes Verhalten zu berücksichtigen.  Tendenziell umso eher stimmt das Ergebnis mit dem Beabsichtigten überein.  Tendenziell umso weniger Regularien von zentraler Stelle bedarf es zum Beispiel auf einem Markt,  den die Teilnehmenden relativ gut überschauen können,  um zufriedenstellende Ergebnisse zu erzielen.

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Zu Lebzeiten von Adam Smith (1723-1790) herrschten relativ überschaubare Märkte vor,  auf denen es den Akteuren,  sich allein überlassen,  relativ leicht fiel,  für sie selbst relevante mittelbare Auswirkungen ihres Verhaltens mitzuberücksichtigen,  umsichtig egoistisch zu handeln,  saldiert ein dem Gemeinwohl dienendes Gesamtergebnis zustandezubringen.

Zu umsichtigem Egoismus der Teilnehmenden an einem Markt,  von dem sie alle von unterschiedlichen Interessenlagen aus betrachtet irgendwie profitieren,  gehört der übereinstimmende Wunsch,  den Markt nicht zusammenbrechen zu lassen.  Der funktionierende und florierende Markt als Entität ist eine Komponente des Gemeinwohls.  Dieses Phänomen,  dass die am Markt Teilnehmenden dem Gemeinwohl dienen,  auch wenn jeder nur auf das vermeintlich Beste für sich selbst aus ist,  nannte der Philosoph und Wegbereiter der Volkswirtschaftslehre eine unsichtbare Hand.   (Siehe dazu → Adam Smith:  Der Wohlstand der Nationen / Viertes Buch:  Systeme der politischen Ökonomie;  herausgegeben von Horst Claus Recktenwald;  München 2013;  S. 370f.)

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Doch je komplexer Daseinsbedingungen sind,  auf je mehr verschiedene Weisen ein bestimmtes Geschehen hinsichtlich besonderer Anliegen beeinflusst werden kann,  tendenziell umso eher ist der Mensch damit überfordert,  alles für seine Anliegen Relevante in dem Geschehen geistig zu erfassen und in seine Entscheidung für bestimmtes Verhalten einzubeziehen.  Tendenziell umso eher weicht das Ergebnis vom Beabsichtigten ab.  Tendenziell umso eher kommt es zu unbefriedigenden Entwicklungen und Zusammenbrüchen von Märkten,  worunter gegebenenfalls das Gemeinwohl leidet.  Tendenziell umso eher versucht man von zentralen Stellen aus mit Regularien in Märkte einzugreifen,  um dennoch einigermaßen zufriedenstellende Ergebnisse zu erzielen.  So entstehen unter komplexen Daseinsbedingungen Zweifel,  ob es die unsichtbare Hand überhaupt gibt.

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Je komplexer die Gegebenheiten sind,  tendenziell umso weniger verstehen aber auch die von zentralen Stellen aus Dirigierenden wegen ihrer begrenzten persönlichen Verstandeskapazitäten hinreichend,  zu welchem Zeitpunkt wie und wo sie effizient im Sinne bestimmter Anliegen eingreifen können.  Tendenziell umso weniger tragen diese Eingriffe zum Funktionieren des Marktes im Sinne bestimmter Absichten bei.

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Besserung ist erst mit dem digitalen Informationsnetz zweiter Struktur zu erwarten.  Verfügten darüber die an einem komplexen Markt Teilnehmenden,  könnten sie ihre jeweilige Kompetenz im Umgang mit den für sie persönlich relevanten komplexen Bedingungen erhöhen,  umfänglicher Chancen und Risiken im Sinne ihrer Anliegen mitberücksichtigen.  Tendenziell umso mehr würde das Phänomen wieder wirksam,  das Adam Smith als unsichtbare Hand beschrieb.

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Je besser dies an komplexen Märkten Teilnehmenden mit Recherchen im Netz zweiter Struktur gelänge,  tendenziell umso weniger Bedarf an Eingriffen von zentralen Stellen entstünde.

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Zur Vorbereitung immer noch erforderlicher Regulierungen von zentraler Stelle könnten auch die damit betrauten Personen das Netz zweiter Struktur nutzen und mit den Einsichten daraus tendenziell zielführender in komplexe Märkte einwirken.

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Marktwirtschaftzentrale EingriffeSymmetrischeres Regieren

 

 

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