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Bernhard Mosler
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Anne Peters:
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„Der Schutz des Menschen durch objektives Völkerrecht entspricht einem paternalistischen Modell des Völkerrechts, in dem der Staat als Treuhänder des Wohlergehens der Menschen angesehen wird.
Es ist Zeit, diesen Anachronismus auch im Völkerrecht zu überwinden und den nachwirkenden Paternalismus (Staaten als ‚Overlords‘) in Bezug auf die internationale Rechtsstellung des Einzelnen zu verabschieden. Das Motiv für einen Paradigmenwechsel entspringt der Einsicht, dass die Repräsentation der Einzelnen auf der internationalen Ebene durch ihre Staaten aus praktischen und systemischen Gründen nur eingeschränkt funktioniert. Die Treuhänderstellung des Staates ist de facto oft eine Vormundschaft, entweder, weil der Staat keine Demokratie ist, oder weil außenpolitische, ökonomische oder fiskalische Erwägungen, kurz die Staatsraison, sein Engagement für die Interessen eines Einzelnen verhindern. Die Zeit ist reif für das subjektive internationale Recht.“
.Anne Peters: Jenseits der Menschenrechte – Die Rechtsstellung des Individuums im Völkerrecht; Tübingen 2014; S. 485
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Wäre der Einzelne hinsichtlich der Geltung seiner Individualrechte auch bei symmetrischerem Regieren so sehr von zentralregierenden Personen seines und ausländischer Staaten abhängig, die in internationalen Verträgen darüber befinden?
Symmetrischeres Regieren ginge von vielen einzelnen Menschen aus. Symmetrischeres Regieren würde Staatsgrenzen überschreiten. Der einzelne symmetrischer Mitregierende recherchierte von seiner einzigartigen Befindlichkeit aus, welches Verhalten unter Berücksichtigung von Neben- und Fernwirkungen seinen persönlichen Anliegen voraussichtlich am ehesten entsprechen würde. Dabei würde internationales Recht, das ihm zugute kommt oder das seine Möglichkeiten einschränkt, mitberücksichtigt. Gebietet er nicht über seine internationalen Rechte, kann sich für ihn relevantes internationales Recht über seinen Kopf weg zu seinen Gunsten oder zu seinem Nachteil verändern. Seine größere Kompetenz im Umgang mit gegebener Komplexität und sein symmetrischeres Mitregieren hätten zumindest keinen direkten Einfluss auf seinen Rechtsstatus.
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Verhielten sich viele Menschen gleichgerichtet, ohne sich dazu unbedingt abgesprochen haben zu müssen, könnte Druck auf zentralregierende Personen entstehen, mit einer Änderung eines vorhandenen oder Abschluss eines neuen internationalen Vertrages einem besonderen, in dem gleichgerichteten Verhalten sich ausdrückenden Verlangen zu entsprechen.
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Symmetrischeres Regieren würde nicht immer, aber immer wieder fernab der Aufmerksamkeit zentralregierender Personen stattfinden. Aus symmetrischerem Regieren international hervorgehendes Geschehen fernab ihrer Aufmerksamkeit könnten zentralregierende Personen nicht mit einzelnen Verboten in völkerrechtlichen Verträgen unter ihre Kontrolle bringen. Sie müssten pauschal soviel in völkerrechtlichen Verträgen unterbinden, dass symmetrischeres Regieren infrage gestellt und ab irgendeinem Maß der Einschränkung nicht mehr möglich wäre. Doch je häufiger Staatszugehörige bereits erfahren haben, dass sie ihre persönlichen Anliegen mit symmetrischerem Regieren wirksamer artikulieren können als über ihre Vertretung durch zentralregierende Personen, ein tendenziell umso größerer Widerstand gegen eine Einschränkung symmetrischeren Regierens, die einem Verbot gleichkäme, wäre zu erwarten. Je mehr Menschen weltweit symmetrischer mitregierten, tendenziell umso unfähiger wären Zentralregierungen von Staaten, symmetrischeres Regieren zu kontrollieren und erfolgreich bestimmten Interessen folgend zu beeinflussen.
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Dem symmetrischer mitregierenden Einzelnen könnte für Einflüsse seines Verhaltens, die über die Grenzen seines Staates hinausreichen, ein besonderer Rechtsstatus zuerkannt werden. Kein völkerrechtlich verbindlicher Vertrag der Zentralregierung des Staates oder der Staaten, denen er angehört, dürfte ihm diesen Rechtsstatus aberkennen.
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Davon zu unterscheiden wäre eine Gruppe von beliebig vielen symmetrischer mitregierenden Menschen, die Angehörige verschiedener Staaten sein könnten und sich in irgendwelchen Hinsichten über Staatsgrenzen hinweg – nicht unbedingt koordiniert, nicht unbedingt voneinander wissend, aber de facto – gleichgerichtet verhalten. Einer solchen Gruppe von Personen als Entität bestimmten gleichgerichteten Verhaltens könnte ein übernationaler Rechtsstatus verliehen werden, der „automatisch“ mit dem an definierbaren Merkmalen festzustellenden Hervortreten des besonderen gleichgerichteten Verhaltens beginnen würde und mit dessen Ende erlischt. Auch diesen Rechtsstatus dürfte kein völkerrechtlich verbindlicher Vertrag zwischen zentralregierenden Personen mehrerer Staaten zunichte machen.
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Übernationales Recht bei symmetrischerem Regieren