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Bernhard Mosler
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Mit dem digitalen Informationsnetz zweiter Struktur könnten Laien trotz zunehmender lebensweltlicher Komplexität und immer mehr wissenschaftlichen Einsichten eher leichter prüfen, ob ihr Vertrauen in bestimmte wissenschaftliche Aussagen und Resultate gerechtfertigt ist.
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Individuelle Vielfalt lebensweltlicher Komplexität
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Je komplexer Daseinsbedingungen von Menschen sind, tendenziell umso unterschiedlicher können die Kombinationen von Einflüssen sein, die von einzelnen Menschen auf andere Körper ausgehen, denen einzelne Menschen selbst ausgesetzt sind. Tendenziell umso vielseitiger kombiniert können einzelne Menschen als Teilkörper an größeren Körpern mitwirken. Tendenziell umso öfter sind lediglich auf disziplinärer und von da gelegentlich ausgehend interdisziplinärer Basis tätige Experten mit der Aufgabe überfordert, einem Beratung Suchenden in seiner konkret komplexen Lage mehr als nur ausschnittweise aufklärend zielführend im Sinne seiner besonderen Anliegen zu assistieren. Je mehr und öfter wissenschaftlichen Rat Suchende diesen Eindruck gewinnen, tendenziell umso eher schwindet das Vertrauen in die lebensweltliche Anwendbarkeit disziplinär-interdisziplinär beschränkter Expertise, solange es den Rat Suchenden an persönlicher Kompetenz mangelt, die assistierenden Teilauskünfte so zu vervollständigen, dass eine dem lebensweltlichen Gegenstand adäquatere Gesamtsicht entstünde. Dieser Mangel an Vertrauen kann auch sachlich gerechtfertigte Ausmaße überschreiten, Laien dahin bringen, wissenschaftlichen Ansichten pauschal keine höhere Glaubwürdigkeit beizumessen als davon abweichenden Behauptungen.
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Zunehmende Informationen und Einsichten in Wissenschaften
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Je mehr Informationen, Deutungen und Erkenntnisse über unsere Welt gewonnen werden, tendenziell umso weniger überblickt ein einzelner wissenschaftsbasierter Experte, der stets zugleich Laie bezüglich anderer wissenschaftlicher Fragestellungen ist, mit seiner von Natur aus persönlich begrenzten Verstandeskapazität, was alles aktuell als wissenschaftlich gesicherte Erkenntnis gilt. Tendenziell umso mehr unterschiedlich Spezialisierte werden gebraucht, die das alles untereinander aufgeteilt in sich aufnehmen, im Kopf behalten, darüber reflektieren und für damit zusammenhängend Neues empfangsbereit bleiben können.
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In der ersten Forschungsstruktur – disziplinärer Wissenschaft und von da gelegentlich ausgehenden interdisziplinären Projekten – selektieren Forschende und wissenschaftsbasiert anwendungstechnische Experten aus der Gesamtmenge verfügbarer Informationen eine Auswahl von Informationen, die sie beim Erforschen eines besonderen Gegenstandes berücksichtigen möchten. Informationen nach dem Kriterium zu selektieren, ob sie sein Fachgebiet betreffen, liegt für einen disziplinär Forschenden nahe. Im Rahmen der ihm zugebilligten disziplinären Kompetenz steht es ihm teilweise frei, aufgrund seiner persönlichen Erfahrung, theoretischen Kenntnisse und Vorlieben nach Gutdünken bestimmte Informationen zu berücksichtigen, andere zu ignorieren. Geht es um eine interdisziplinäre Forschung, haben die Beteiligten ebenfalls eine Ermessensfreiheit, welche Informationen sie in ihre Überlegungen einbeziehen und welche nicht.
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Je mehr wissenschaftsbasiert beratende Experten in je mehr verschiedenen Fachbereichen es gibt und je individueller komplex die Befindlichkeit ist, zu der ein Laie eine wissenschaftlich fundierte, lebensweltlich brauchbare Analyse oder Verhaltensempfehlung sucht, tendenziell umso schwieriger ist es für den Laien, wissenschaftsbasierte Experten zu finden, die den betreffenden Gegenstand in den maßgeblichen Merkmalen so fundiert geistig erfassen, wie es der aktuell allgemein verfügbare wissenschaftliche Kenntnisstand erlaubt. Je häufiger diese Suche misslingt, zur wissenschaftsbasierten Assistenz gewählte Experten mit einer mangelhaften Analyse oder Verhaltensempfehlung Erwartungen verfehlen – was im Einzelfall für Betroffene auch einen schwerwiegenden Schaden bedeuten kann –, tendenziell umso mehr verlieren Laien den Glauben an die im Sinne besonderer Anliegen erhoffte Verlässlichkeit wissenschaftsbasierter Aussagen. Dieses Erodieren von Vertrauen in Wissenschaft wird umso problematischer, je mehr der Alltag von Menschen durch technische Geräte mitbestimmt wird, die wissenschaftliche Erkenntnisse zur Voraussetzung haben, auf die sich Nutzer der Geräte wie auch passiv von der Nutzung Betroffene verlassen müssen.
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Mit der ergänzenden zweiten Forschungsstruktur und dem zugehörigen digitalen Informationsnetz mehr Prüfmöglichkeiten, wie wahrscheinlich bestimmte wissenschaftsbasierte Aussagen eine individuell komplexe lebensweltliche Befindlichkeit beschreiben
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Wer als Forschender oder als wissenschaftsbasiert in lebensweltlichen Anliegen assistierender Experte zusätzlich in der zweiten Forschungsstruktur unterwegs wäre, träfe ebenfalls eine Auswahl von Informationen, auf deren Basis er einen bestimmten Gegenstand beschreibt und deutet. Aber er wählte systematischer, eher vollständiger die gegenstandsbezogen relevanten Informationen aus. Er fragte in dem einen Informationsnetz, das der zweiten Forschungsstruktur folgte und immer möglichst aktuell sämtliche öffentlich zugänglichen digital lesbaren Informationen über Details und Zusammenhänge des Universums enthalten soll, nach den übereinstimmenden Merkmalen von mindestens zwei irgendwie definierten Körpern. Um die Frage beantworten zu können, versuchte er kompromisslos so viele Merkmale über die jeweiligen Körper zu identifizieren und mit einzubeziehen wie irgend möglich. Diese Aufgabe ist so klar definiert, dass ein anderer, mit exakt demselben Gegenstand befasster Forschender oder wissenschaftsbasierter Experte nicht anders kann, als genau oder annähernd die gleichen Informationen zu beschaffen und zu berücksichtigen.
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Damit wäre zum einen permanent ein systematischerer und vollständigerer Abgleich aller wissenschaftlichen, digital lesbaren Aussagen auf Übereinstimmungen und Widersprüche hin gewährleistet als in der ersten Forschungsstruktur. Dies würde das grundsätzliche Vertrauen fachwissenschaftlicher Laien in wissenschaftliche Aussagen stärken, wenn zugleich auf Basis des aktuell gegebenen, digital lesbaren Kenntnisstandes jedem an die digitale Welt angeschlossenen, seiner Sinne mächtigen Menschen sämtliche wissenschaftlich hervorgebrachten, digital lesbaren Informationen zu Zwecken der Recherche im Informationsnetz zweiter Struktur uneingeschränkt zugänglich sind, abzüglich derjenigen Informationen, die sich im Informationsabgleich unstrittig als falsch erwiesen haben.
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Die Prüfung, ob und inwieweit bestimmte wissenschaftliche Aussagen oder Ergebnisse zutreffen, wäre für jemanden, der ein Laie auf einem bestimmten wissenschaftlichen Fachgebiet ist, bei Nutzung des Netzes zweiter Struktur tendenziell leichter: Ein Recherchierender könnte nach allen wissenschaftlichen Aussagen (Körper B) fragen, die in bestimmten Merkmalen mit der wissenschaftlichen Aussage (Körper 2) übereinstimmen. Je größer die Zahl wissenschaftlicher Aussagen (Körper B) wäre, die mit Merkmalen der wissenschaftlichen Aussage (Körper 2) übereinstimmen oder widerspruchsfrei vereinbar sind, und je vollständiger dies alle Merkmale der wissenschaftlichen Aussage (Körper 2) beträfe, umso eher deutete dies auf eine Bestätigung der wissenschaftlichen Aussage (Körper 2) hin. Je kleiner die Zahl angezeigter wissenschaftlicher Aussagen (Körper B) wäre, die mit Merkmalen der wissenschaftlichen Aussage (Körper 2) vereinbar sind, umso eher könnte der Recherchierende daraus keine Bestätigung der wissenschaftlichen Aussage (Körper 2) ableiten.
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Recherchierend im Netz zweiter Struktur könnte ein Laie Merkmalen eines Körpers 1 Merkmale einer bestimmten wissenschaftlichen Aussage (Körper 2) gegenüberstellen und auf dem allgemein aktuell verfügbaren Kenntnisstand nach übereinstimmenden Merkmalen der beiden Körper fragen. Im Ergebnis würde auf Basis des aktuell allgemein digital verfügbaren Kenntnisstandes offenbar, ob die besondere wissenschaftliche Aussage (Körper 2) für den Körper 1 etwas bedeutet und gegebenenfalls was genau.
Der Körper 1 könnte auch der recherchierende Laie selbst sein. Seine weitere Beschäftigung mit der wissenschaftlichen Aussage (Körper 2) könnte der Recherchierende von deren Bedeutung für seine Person abhängig machen.
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So wäre es Laien, die in individuell komplexen lebensweltlichen Anliegen wissenschaftlich fundierten Rat suchen, auch bei in viele Fachbereiche auseinandergezweigter disziplinärer Forschung, bei in den einzelnen Fachbereichen teilweise zu sehr unterschiedlichen Aussagen gelangenden Experten, mit der zusätzlichen zweiten Forschungsstruktur und dem entsprechenden digitalen Informationsnetz zu Zwecken der Recherche leichter möglich, Anhaltspunkte dafür zu finden, ob und inwieweit sie sich auf Basis des aktuell allgemein digital verfügbaren wissenschaftlichen Kenntnisstandes auf bestimmte Aussagen assistierender wissenschaftsbasierter Experten verlassen können, ob ihr Sich-Stützen auf diese Aussagen ihren besonderen lebensweltlichen Anliegen voraussichtlich eher zugute kommen wird oder ein enttäuschendes Ergebnis wahrscheinlicher macht.
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Zutun von Laien zur Wissenschaft